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- Autor: Evelyn Netzer-Kloft
- Posted: 14. Juli 2018
- Kategorie: Entdeckungen, Frankreich, Restaurant
Im Périgord vert die Seele baumeln lassen
Er wurde wieder lebendig, mein Traum aus vergangenen Tagen – hier im Périgord vert: ein Leben in Südfrankreich. Ein kleines Häuschen aus gelben Sandstein, so wie dieses; auf einem Hügel mit weitem Blick in die grünen Täler des Périgord vert.
Die Hügel sind grün und der Himmel ist strahlend blau, die vorherrschenden Farben dieses Landstriches. Die Stille hat hier ihre eigene Melodie: der Wind, der durch das Gras fährt, die unbekannten Vogelstimmen und manchmal doch ein paar landwirtschaftliche Geräusche, wie der Trecker im Sommer, der das Korn einholt. Eine Welt aus meinen Kindertagen.
Der Traum wäre komplett gewesen mit einem kleinen Chambre d’Hotes oder einer Bar, in der morgens der Petit noir getrunken wird mit einem Croissant oder etwas später un Quart de vin.
Abends trifft man sich zu einem kleinen Leckerbissen: natürlich Fois gras oder im Herbst die Steinpilze, evt. sogar die Trüffel. Manchmal aus Heimweh hätte ich Rouladen oder Frikadellen serviert mit Pommes de terre Sarladaises. Dazu den herrlich ehrlichen Wein aus Bergerac. Man kennt sich und unterhält sich gerne, auch mit Fremden.
Aber ich hatte nicht die Courage. Nicht wie die vielen Engländer, die inzwischen diesen Landstrich besiedeln, aus den verschiedensten Lebensgründen. Mittlerweile sollen ein Viertel der Bewohner des Périgords Wurzeln aus Old England haben. Und es kann sein, dass man in einem Restaurant oder einer Bar, eher den Eindruck gewinnt in Sussex zu sein, als im Südwesten von Frankreich. Doch es scheint, dass die Einwanderung den Dörfern im Périgord eher gut tut und sie vor dem Verfall bewahrt. Es ist schon eigenartig, dass die Engländer nach Jahrhunderten diesen Landstrich friedlich zurück erobern. Denn Aquitaine gehörte Mitte des 16. Jahrhundert als Lehen zu England und wurde hart im hundertjährigen Krieg umkämpft. Doch England verlor den Krieg und das Land. Die noch bestehenden Bastiden erinnern an diese Zeit.
So bleibt nur der Urlaub, um den Traum wieder zu beleben, in diesem wunderbaren Ferienhaus, das keine Wünsche übrig ließ. Je nach Tageszeit konnten wir unsere Mahlzeit an einem anderen Essensplatz genießen. Auf den Märkten im Périgord und auch in den Supermarchés deckten wir uns mit frischen Lebensmitteln ein. In Riberac gibt es aus meiner Sicht einer der besten Boulangerien im Umkreis: Lakanal du Pain! Der Duft ist umwerfend, wenn man diese Boulangerie betritt!
Und wenn wir nicht in einem der hervorragenden Restaurants einkehrten, wurde gekocht, denn in der gut ausgestattete und großen Küche war es ein Spaß zu kochen. In Sarlat haben wir eine wunderbare Poularde gekauft, daraus ließ sich locker zwei Mal etwas kreieren. Am ersten Tag gab es die Poulardenbrust mit Nudeln und Pfifferlingen. Am nächsten Tag gab es den Rest der Poularde als Caesar Salat.
Den Nachmittag konnte man mit einem Bad im Schwimmingpool verkürzen und dann später mit einem Pastis das Abendessen einzuläuten.
Danach hatten wir schnell unser Ritual gefunden: unseren gemeinsamen Spaziergang zur Bar um den Tag zu beschließen.
Das Périgord wird mittlerweile um den Tourismus zu fördern in vier verschiedene Landstriche eingeteilt: Pérgord vert, noir, blanc und pourpre.
Das Pérgord vert liegt im Nordwesten und grüne Hügel und Wälder dominieren die Landschaft, das Leben ist hier ruhig und beschaulich. Inmitten der endlosen Wälder und Felder liegt der pittoreske Ort Brantôme, der viel von den Kanuten profitiert, die hier auf der Dronne ihrem Sport nachkommen. Aber auch die alte Benediktinerabtei ist eine Attraktion. Besonders ist, dass der Ort seinen Mittelpunkt in einer Dronneschleife hat.
Hier haben wir besonders gut gegessen im Restaurant Charbonnel direkt am Flüsschen und konnten die Kanuten beobachten, die ihres Weges paddelten.
Das Périgord noir ist wohl der bekannteste Teil des Departments Dordogne mit seinen dichten Eichenwäldern und mit Sarlat als Zentrum. Ein sehr hübsches Städtchen mit einem sehr belebten und beliebten Markt, der doch eher Textilien und Souvenirs anbieten und weniger mit Produkten aus der Region überzeugt. Wir waren samstags da und waren froh, als wir die Autoschlangen hinter uns lassen konnten. Deshalb wäre Sarlat eher an einem anderen Wochentag zu empfehlen, da es wirklich hübsche Gassen hat, die man an einem Samstag nur schwer genießen kann.
Besichtigung der anderen populären Orte wie Domme wäre auch der frühe Morgen, sonst erinnert der Verkehr eher an einen Augusttag in St. Tropez.
Ein weiters Mal waren wir im Périgord noir um Les Jardins suspendus de Marqueyssac zu besuchen. Die Gärten sollte man gleich am morgen um 10 Uhr besuchen, schon ab 11 Uhr wird es schwer einen Parkplatz zu bekommen. Die gigantische Buchsbaumanlage, die bereits über hundert Jahre alt ist, werden kontinuierlich von den Gärtnern von Hand geschnitten!
Ein Besuch ist sehr zu empfehlen, auch weil man von hier oben ein unglaubliches Panorama über die Dordogne hat. (Note: Ich habe die Gärtner gefragt wie sie hier den Buchsbaumzünsler bekämpfen und sie machen es genauso erfolgreich wie ich, mit Bacillus thuringiensis)
Von Beynac waren wir eher enttäuscht, eigentlich besteht dieses Dorf nur aus Touristen. Fluchtartig haben wir diesen Ort verlassen.
Im Périgord blanc werden die Steinhäuser heller, das liegt an dem fast weißen Kalkstein, der hier vorherrscht. In Périgueux kann man das deutlich erkennen. Ein Besuch lohnt, denn es gibt einen großen lebendigen Markt mit guten lokalen Produkten und einer Markthalle:
die Altstadt ist beschaulich und die Kathedrale von außergewöhnlicher Architektur, mit romanischen und byzantinischen Elemeten, dieKathedrale ist inzwischen Teil des Weltkulturerbes.
Périgrod pourpre
Dieser Teil des Departments um Bergerac verdankt seinem Namen der Weinberge. Wir hatten leider diesmal nicht die Zeit diesen Teil der Departments zu erkunden. Leider!
Aber an einem Tag haben wir noch einen längeren Ausflug ins Médoc unternommen. Da ich in diesem Landstrich noch nie war, wollte ich einen Eindruck gewinnen, von diesem berühmtesten und größten Weinanbaugebiet der Welt!
Die 1er Cru Châteaus können zum Teil nur nach Voranmeldung und in Gruppen besichtigt werden, das müsste man länger im Voraus planen. Um aber nicht mit ganz leeren Händen zurückzufahren, haben wir einige Flaschen Bordeauxwein im Maison du Vin in Pauillac erstanden. Einen Jahresurlaub würde ich im Médoc nicht verbringen, höchstens ein paar Tage, um den Bordeaux richtig kennen zulernen. Ehrlich, um diesen berühmten Wein habe ich bisher einen Bogen gemacht, denn die wirklich guten Tropfen würden doch mein Budget sprengen und bei den anderen Bordeauxflaschen ist es schwer zu beurteilen, was wirklich drin ist.
Aber das Périgord und insbesondere das Pérgord vert ist eine ganz lange Urlaubsreise wert, einfach
um die Seele baumeln zu lassen.
À bientôt Lusignac